Die Gründerin Mutter Marie Therese

Mutter Marie Therese (1927-1994), ihre Vision von einer Kirche als Volk Gottes – Biographische Anmerkungen von Christian Feldmann: Lasst den Geist doch wehen!

Sie sah aus wie die tatkräftigen Mütter in den Familienserien, als das Fernsehbild noch schwarzweiß war. Akkurat ondulierte dunkle Haare, im Alter von einem leisen Silberglanz erhellt. Wache, gute Augen unter einer unauffälligen Brille. Immer ein freundliches Lächeln, das auch strahlen konnte. Schwarzes Kleid, ein einfaches kleines Kreuz an einer dünnen Kette – eine alterslose, dezente Erscheinung, die sich gern im Hintergrund hielt, aber ungeheuer aktiv war.

Josephina Theresia Linssen, 1927 im niederländischen Oud-Valkenburg geboren, 1994 als Mutter Marie Therese in Mechernich (Eifel) gestorben: Ihre Ideen von einer erneuerten, einladenden, von grenzenloser Liebe statt von Gesetzen regierten Kirche vertrat sie mit sanfter Hartnäckigkeit. Keine Spur von der charmanten Kampfeslust, die medienerprobte feministische Theologinnen heute antreibt. Sie fühlte sich einfach vom Heiligen Geist motiviert, „der die Ermutigung für unsere Gleichgültigkeit ist. Er will Leben in der Kirche.“ Statt auf eine „eingefrorene Wahrheit“ solle man auf die Kraft einer Liebe ohne Berührungsängste setzen und sich ganz neu, ganz schlicht und ganz radikal für Christus entscheiden.

"Die Kirche der Liebe und des Erbarmens ist unsichtbar geworden. Der Triumph der Macht trieb das gelebte Christsein in den Hintergrund. Anstatt Liebe ist eine Kälte sichtbar geworden, die jede Orientierung auf das Reich Gottes verdunkelt hat. Die Verwirrung in der Kirche ist so groß, dass in ihr die Glaubwürdigkeit fehlt. Der Beweis liegt so offen, dass wir Christen uns eigentlich schämen sollten, noch länger zu schweigen."
Mutter Marie Therese

Ihr Berufsleben hatte sie als Leiterin einer Gewerbeschule begonnen. Weil sie felsenfest von ihrer Berufung überzeugt war, gründete Mutter Marie Therese, wie sie sich nannte, später mehrere geistliche Gemeinschaften und höchst effektiv arbeitende Sozialwerke in der Eifel, unter anderem für Schwerstpflegebedürftige, AIDS-Kranke und Sterbende. Ihre Träume von einer Kirche der „gelebten Liebe“ sah sie im Zweiten Vatikanischen Konzil verwirklicht – freilich erst als Programm. In der Realität fehle es der Kirche noch an Gottvertrauen, Wärme, Zusammengehörigkeitsgefühl und Erbarmen.

Deshalb, „um die Kirche glaubwürdig zu machen“, rief Marie Therese 1984 in Mechernich einen neuartigen „Orden“ ins Leben, die „Communio in Christo“, offen für alle Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen, klar orientiert an den Grundgedanken des Konzils, ein intensives Gebetsleben pflegend und bemüht um die persönliche Begegnung mit Suchenden und Notleidenden. Misstrauische Mitbürger machten der unbefangenen Ordensgründerin das Leben schwer – es gab sogar einen Mordanschlag -, aber auch die kirchliche Obrigkeit sah in dem Projekt eine Eigenmächtigkeit und verweigerte der „Communio in Christo“ die Anerkennung.

Nüchtern kirchenrechtlich betrachtet, gab es die quicklebendige Gemeinschaft lange Jahre eigentlich gar nicht. Doch während die „Communio“ längst auch in Polen, Weißrussland, Großbritannien, Papua Neuguinea, Kamerun, Tansania, Brasilien, Indien Wurzeln geschlagen hatte, lockerten sich die verhärteten Fronten. In einem versöhnlich gehaltenen Dekret bescheinigte der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff 2010 der weltweit arbeitenden Vereinigung Treue zur Kirche, einen hohen spirituellen Anspruch und Engagement für die „Reform der Kirche in der Liebe“.

"Diskussionen helfen nicht mehr weiter. Ein außerordentliches Charisma (…) zeigt sich in der Fülle der Liebe, mit der es ausgestattet ist. Es spricht zu den Menschen (…). Auch für unsere so zerrissene Zeit ist es durch die Türe der Kirche eingetreten, hat unerwartet Platz genommen und spricht zur Hierarchie, auch und besonders dann, wenn man es nicht hören will."
Mutter Marie Therese

Im Oktober 2018 kam dann endlich die offizielle kirchliche Anerkennung, 33 Jahre nach der Gründung: Mussinghoffs Nachfolger Helmut Dieser überführte die Gemeinschaft unter dem neuen Namen „Ordo Communionis in Christo“ als „Verein von Gläubigen“ – so ist es im aktuellen Kirchenrecht definiert – in einen neuen Rechtsstatus. Damit ist die „Communio“ eine vollständige kirchliche Rechtspersönlichkeit, allerdings nicht zu verwechseln mit den Orden im klassischen Sinn: Als „consociatio“ sind beispielsweise Teile des Internationalen Kolpingwerks anerkannt.

Generalsuperior Karl-Heinz Haus erklärt das so: Die „Communio in Christo“ verstehe sich als „Weg für alle“, Priester, Schwestern und Laien, auch Angehörige anderer Institute, die in einem neuen Miteinander und Füreinander in Mechernich und Blankenheim sowie weltweit zusammenarbeiten, Eucharistie feiern, beten und in den Pflegeeinrichtungen wirken. Also eine neue, gewiss zukunftsträchtige Form geistlichen Lebens.

Eine ausführliche Lebensbeschreibung von Mutter Marie Therese, ebenfalls geschrieben von dem in 17 Sprachen übersetzten Erfolgs-Biographen großer Christen und frommer Querköpfe Christian Feldmann, ist unter dem Titel „Die Liebe und sonst nichts – Lasst den Geist doch wehen!“ zu beziehen beim Echter Verlag in Würzburg unter der ISBN-Nummer 978-3-429-04383-4 (https://shop.echter.de).
 

Ein Selbstzeugnis der Gründerin

Hier finden Sie einem Text zur Entstehung der Communio in Christo aus dem Buch von Mutter Marie Therese mit dem Titel: „Wer bin ich, dass du mich bittest – Ein Charisma spricht“, Aschaffenburg 1987, S. 15 ff.]