Gott „mitten im Schmerz“ gefunden

Impulsabend mit Prof. Dr. Manuel Schlögl drehte sich beim Ordo Communionis in Christo um „Die Dunkle Nacht des Glaubens - Eine Erfahrung in der christlichen Mystik und bei Mutter Marie Therese“ – Zusammenhänge zwischen Johannes vom Kreuz, Therese von Lisieux und Mutter Marie Therese erkennbar gemacht – Publikum lauschte gebannt

Mechernich – „Die Erfahrung der »Dunklen Nacht« im Leben von Mutter Marie Therese liegt in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer geistlichen Lehre und mit ihrem Lebenswerk, der »Communio in Christo«, sowie ihrem beispielhaft ausstrahlenden Einsatz für Schwerstkranke und Sterbende“, betonte Prof. Dr. Manuel Schlögl beim jüngsten Impulsabend in der Mechernicher Hauskapelle der Communio in Christo.

Dies war bereits sein zweiter Vortragsteil beim Ordo und fand unter dem Motto „Die Dunkle Nacht des Glaubens - Eine Erfahrung in der christlichen Mystik und bei Mutter Marie Therese“ statt. Passend zum Thema war es ein dunkler und verregneter Oktoberabend. Hieran nahm Prof. Dr. Schlögl bereits Anschluss. Denn in der „Zeit des abnehmenden Lichts“ nähmen wir den Kontrast zwischen Hell und Dunkel bewusster wahr und spürten, wie sich auch unsere Seele und unser Gemüt umstellten.

Die Nacht sei ein ambivalentes Symbol. Schlögl: „Sie umfängt Gefahr und Schutz, Einsamkeit und Liebe, Angst und Erholung. Durch diese Vielfalt an Erfahrungen, Gefühlen und Etappen ist die Nacht wie geschaffen dafür, den ebenso verborgenen wie bedeutsamen Weg des Menschen zu »beleuchten«“, den er im Glauben mit Gott geht.“

„Über-helle Dunkelheit Gottes“

Die „Dunkle Nacht“, so wie sie beispielsweise Johannes vom Kreuz, Therese von Lisieux und auch Mutter Marie Therese verstehen, sei ein von Gott initiierter Reifungsprozess, der bestimmte Christen zu einem „höheren“, damit auch zeugnishaften und stellvertretenden Glaubens-Dienst für andere führen wolle.

Er gab Beispiele: „Schon im ersten Schöpfungsbericht heißt es: »Und Gott schied das Licht von der Finsternis.« In der Nacht flieht Israel aus Ägypten und durchschreitet das Rote Meer. In der Nacht wird Jesus in Betlehem geboren, er wird in einer Nacht von Judas verraten und ersteht von den Toten auf, »frühmorgens, als es noch dunkel war«.“

Auch die frühe mystische Theologie bei Gregor von Nyssa oder Dionysius Areopagita beschreibe, wie der Mensch, wenn er Gott näherkommt, von seiner Herrlichkeit geblendet werde. Sie sprechen von der „über-hellen Dunkelheit Gottes“.

„Entflammt von Liebessehnen“

Zurück zum heiligen Johannes vom Kreuz (1542-1591): Ihm gelang des Nachts die Flucht aus einer kleinen dunklen Zelle. Zuvor erfuhr er Trost durch Christus und die Gottesmutter. Daraus entstand ein Gedicht, das bis heute „zu den besten der spanischen Literatur“ zähle. Die erste Strophe lautet: „In einer dunklen Nacht, entflammt von Liebessehnen, o seliges Geschick!, entfloh ich unbemerkt, als noch das Haus in Ruhe lag.“

Man könne es als Beginn eines mystischen Weges zu Gott lesen: „entflammt von Liebessehnen“. Hier fänden sich auch andere Symbole: Beispielsweise „verliert“ er sich, gibt auf, was ihm bisher wichtig war, woran sein Herz hing, und geht auf einen „dunklen“ Weg, den er nicht mehr selbst bestimmt, sondern Gott.

Auch einen Kommentar mit demselben Titel gab er heraus. Dabei unterteilt er die Nacht als mystischen Weg in vier Phasen: aktive Nacht der Sinne – passive Nacht der Sinne – aktive Nacht des Geistes – passive Nacht des Geistes.

„Aktiv“ bedeutet jeweils: der Mensch wirkt mit beim Frei-werden von sinnlicher oder geistiger Anhänglichkeit, durch bestimmte Übungen, zum Beispiel Gebet, Fasten, Schweigen, Verzicht. „Passiv“ bedeutet: der Mensch überlässt sich ganz Gott und verharrt oft lange in innerer Dunkelheit, ehe sich der Schleier lüftet und sich ihm eine neue Dimension der Gottesbegegnung eröffnet. Bei jedem Mystiker verliefen die Phasen in unterschiedlicher Länge und Intensität, je nach der Struktur seiner Persönlichkeit.

So lebte auch Therese Martin mit dem Ordensnamen „vom Kinde Jesu und vom Heiligsten Antlitz“ (1873-1897) 18 Monate lang in einer „Dunklen Nacht“, die sie als „Nacht des Glaubens“ oder „Glaubensprüfung“ versteht. Die Wurzel des Atheismus bestand für sie in der Undankbarkeit Gott gegenüber. Dies wollte sie Gott und den Menschen zuliebe ausgleichen, indem sie selbst Platz am „Tisch der Sünder“ nimmt, teilnimmt an der Dunkelheit, Trostlosigkeit und Lieblosigkeit ihres Lebens. „Mitten im Sturm bin ich im Frieden“ lautet eines ihrer Zitate.

Ein „Instrument“ Gottes

Und so kam er in seinen Ausführungen schließlich zu Mutter Marie Thereses Werk „Der Weg nach Golgota“, in dem man schließlich eine „tiefe Geistesverwandtschaft“ zu den Beiden fände.

Denn sie hatte wie Therese Martin seit ihrer Kindheit an eine sehr intensive, emotionale Gottesbeziehung. Die lange Phase ihrer Krankheit während der Jugend bedeutete für diesen kindlich-vertrauensvollen Glauben eine gewaltige Prüfung. Auf sich zurückgeworfen und am Tiefpunkt ihrer Existenz – fand sie die wahre, alles verwandelnde Liebe Gottes. „Ich habe (Gott) gefunden auf dem Krankenlager mitten in meinem Schmerz“, sagte sie im Rückblick.

Aus der restlosen Hingabe und Verfügbarkeit für Gott, konnte sie laut Schlögl schließlich ihr geistliches Werk vollbringen. „Mutter Marie Therese ist wirklich Gottes »Instrument« geworden, um seinen Willen zu erfüllen und seine Liebe zu leben“, so Schlögl. Der Sinn des Leidens läge für sie in der noch innigeren Gemeinschaft mit Jesus Christus. Wie Mutter Marie Therese schreibt: „Gerade in Glaubenskrisen und schwierigen Situationen der Kirche macht sich Gott am deutlichsten bemerkbar.“

„Damit lässt sie einen Vergleich zu mit anderen großen Mystikerinnen des 20. Jahrhunderts wie Madeleine Delbrel oder Mutter Teresa von Kalkutta, deren Zeugnis ebenfalls erkauft wurde durch viele Dunkle Nächte und Glaubensprüfungen“, betonte Schlögl schließlich zum Abschluss des Impulsabends.

Nur Einer traf es bisher so auf den Punkt…

Im Anschluss konnten das Auditorium eigene Anregungen zum Thema Mystik und „dunkler Nacht des Glaubens“ anbringen, was auch rege genutzt wurde. Es stellte sich heraus, dass tatsächlich einige Anwesenden schon ähnliches erlebt haben.

Danach dankte ihm Schwester Lidwina von der Communio und betonte, dass nur einer bisher so über die Mystik von Mutter Marie Therese gesprochen hat wie er: Der ehemalige Generalsuperior der Communio, Karl-Heinz-Haus, der die Mutter als Beichtvater über 20 Jahre begleitet hatte.

Bevor Generalsuperior Jaison Thazhathil den Anwesenden eine gute Reise durch die „dunkle Nacht“ wünschte, überreichte Schwester Lidwina dem Referenten noch eine Tasse mit dem Portrait von Mutter Marie Therese und ein Friedenslicht vom „Tag der Begegnung in der Communio“ als Gastgeschenk und zum Dank. Und so schien ein dritter Impulsabend Schlögls in denkbare Nähe zu rücken…

pp/Agentur ProfiPress